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Es ist schon seit Jahren Tradition, dass der Obst-, Wein-und Gartenbauverein Grötzingen (OWG) seine Mitglieder und zahlreiche interessierte Gäste in die „Geheimnisse“ des „richtigen“ Obstbaumschnitts einweiht. Natürlich ist diese Einweisung kein Geheimnis. Doch auch langjährige Teilnehmer dieser Veranstaltung versichern, dass man immer wieder etwas Neues erfährt. Und wenn man denkt, man hat die Technik perfekt verstanden, dann überrascht der 1. Vorstand, Obstbaumeister Andreas Siegele, die Anwesenden mit neuen, unbekannten oder auch nur vergessenen Informationen. Das Erstaunen ist jedenfalls immer wieder groß, wenn es den Bäumen mal mehr und mal weniger rabiat ans Geäst oder zum Beispiel den Himbeeren an die Mehrzahl ihrer Ruten geht. Der Sinn dieser Eingriffe ist, dafür zu sorgen, dass in den Baum und damit auch an die Früchte Luft und Licht kommt, dass er gesund erhalten wird, indem man pilzbefallene Stellen und Schädlinge entfernt und dass eine klare Struktur angelegt wird, die dann die Ernte erleichtert. Das klingt so einfach und so plausibel und ist doch so schwer im eigenen Garten zu praktizieren.

Einige grundlegende Regeln gab Andreas Siegele den knapp 30 Anwesenden kurz und bündig an die Hand: „Der Apfel setzt seine Früchte ans zweijährige Holz. Schneide ich beim Apfel immer die jungen einjährigen Triebe weg, dann gibt es keine zweijährigen Äste und damit auch keine Früchte. Bei Süßkirschen kann ich auch mal während und nach der Ernte schneiden und so für bessere Belichtung sorgen. Beachtet man das nicht, hat man Bäume mit viel schönem grünen Blattwerk, aber Fehlanzeige bei den Früchten. Versucht man jedoch, nur Holz mit Früchten am Baum zu behalten, dann fehlen die zur Ernährung wichtigen Blätter und die Früchte verhungern quasi.“
Dem in die Jahre gekommenen Zwetschgenbaum galt bei dem diesjährigen Schnitt das besondere Augenmerk des Obstbaumeisters. Er befand, dass dessen Statik durch einen massiven Pilzbefall gefährdet sei und er deshalb verjüngt werden muss. Einige größere Äste wurden daher energisch abgesägt, was der Besitzer des Baums mit leichtem Unbehagen registrierte. Andreas Siegele beruhigte ihn: “In solch‘ einem Fall muss man ein bissle konsequent sein und dann sehen, wie der Baum auf diesen Eingriff reagiert.“
Es war zwar ein trockener und nicht sehr kalter Nachmittag, doch die zweistündige Vorführung unterkühlte die Teilnehmer erheblich, deshalb nahmen sie die Einladung von Frau Speck dankbar an, dem Schnupfen keine Chance zu lassen und ihn vorsorglich mit heißem Glühwein zu bekämpfen. Bei dieser Gelegenheit wurde intensiv gefachsimpelt und manche Frage durch Andreas Siegele in seiner gewohnt kompetenten und launigen Art beantwortet.
Gerhard Burst dankte im Namen der Teilnehmer dem ersten Vorstand für seinen interessanten Vortrag und dem Ehepaar Speck dafür, dass es den Garten mit reichlich „Schnittmodellen“ zur Verfügung gestellt hat. Besonders aber lobte er die wohlschmeckende Grippeprophylaxe.


hako